Bereits vor einem guten Jahr hatten wir im Rechtsschutz-Report von unseren ersten Tests berichtet, in denen wir KI dafür einsetzen, ein digitales Beratungsprotokoll aus einer Telefonberatung zu erstellen. Die Ergebnisse waren erstaunlich gut, der Weg von Beratung zu Protokoll erfolgte allerdings noch rein händisch. Im vergangenen Jahr haben wir daran gearbeitet, die technische Infrastruktur auszubauen und die Strecke von der Telefonberatung bis hin zum fertigen Anwaltsprotokoll komplett zu digitalisieren – was einige Herausforderungen barg.


Informationen über die Autorin

Verena Gangkofer  – Projektleitung
Sie haben weitere Fragen zum Produkt?
Schreiben Sie an verena.gangkofer@dahag.de


Vor allem der passende Grad an Anonymisierung der verschriftlichten Beratung stellte eine knifflige Aufgabe dar – denn natürlich verlässt kein Beratungstranskript die Server der DAHAG, das zuvor nicht anonymisiert wurde. Man kann aber nicht einfach alle Daten aus der Beratung herausfiltern, denn das beträfe dann auch beispielsweise Fristen, die für das Protokoll durchaus wichtig wären – denn genau solche Punkte möchte der Mandant im Anschluss an die Beratung nochmal nachlesen. Nach vielen Monaten und umfangreicher Feinjustierung gelang es uns aber, alle personenbezogenen Daten von solchen, die für die Beratung wichtig sind und keinerlei Rückschlüsse auf den Mandanten zulassen, auch automatisiert zu unterscheiden.

Nachdem die technische Infrastruktur stand, haben wir die Nutzungsbedingungen für Kunden formuliert und Partnerkanzleien akquiriert, die bereit waren, im ersten Protokoll-Testfeld mit echten Mandanten teilzunehmen. Die erste Akquise-Runde lief zugegebenermaßen etwas schleppend. Viele Anwält:innen äußerten ihre Bedenken bezüglich des steigenden Haftungsrisikos, wenn die Zusammenfassung der Beratung am Ende verschriftlicht an den Mandanten weitergeleitet wird. Nach einer Live-Vorführung der Protokoll-Technik am Kanzlei-Kongress im Juni 2024 ließen sich diese Bedenken etwas zerstreuen. Hier konnten die Partnerkanzleien hautnah miterleben, wie gut die automatisierten Protokolle bereits waren. Außerdem können sie das Protokoll bei der anwaltlichen Prüfung wie gewünscht bearbeiten und behalten dadurch die komplette Hoheit über das endgültige Protokoll, das dann tatsächlich an den Kunden versendet wird. Das Haftungsrisiko beim Beratungsprotokoll dürfte für den Anwalt daher in etwa dem bei der Chat-Rechtsberatung entsprechen und dieser wird von den Partnerkanzleien bereits gut angenommen und genutzt.

Ende August 2024 konnten wir schließlich endlich mit dem ersten Live-Testfeld der Telefonberatung mit digitalem Anwaltsprotokoll starten.

Ablauf des 0900-Testfelds

Über ein Formular auf einer Landingpage der DAHAG-Website konnten sich 0900-Telefonkunden für einen Rückruf anmelden. Alle notwendigen Einwilligungen (u.a. die zur Aufnahme der Telefonberatung und zur Verarbeitung der Daten) konnten wir so direkt über eine Checkbox im Formular einholen.

Der Rückruf-Wunsch des Kunden wurde im Anschluss in unserem Fallmanagement-System angelegt und ein Anwalt rief zur vereinbarten Zeit zurück. Wir starteten mit lediglich 3 Rückrufen am Tag, konnten die Anzahl im Laufe des Testfelds aber bereits hochfahren. Bis Anfang Oktober konnten so über 100 Telefonberatungen mit Protokoll durchgeführt werden.

Anwalts „schwarz auf weiß“ zusammenfasst. So ließe sich die rechtliche Einschätzung zuhause noch einmal in Ruhe nachlesen oder sie könnte auch der Gegenpartei, zum Beispiel dem Arbeitgeber oder dem Vermieter, vorgezeigt werden. Eine echte Win-Win-Situation.

Die Telefonberatung inklusive Protokoll war für die Kunden im Rahmen des Testfelds übrigens umsonst. Die DAHAG übernahm das Telefonhonorar für die Anwält:innen und auch darüber hinaus sämtliche Kosten. Im Gegenzug schickten wir den teilnehmenden Telefonkund:innen im Anschluss eine Nutzerumfrage zu, um auch die Kunden-Meinung zum Produkt Telefonberatung mit Anwaltsprotokoll abfragen zu können. Die Teilnahme daran war natürlich freiwillig.

80 Prozent der Protokolle gut oder sehr gut

Bevor das durch JUSTUS erstellte Protokoll an die Kunden versendet wird, muss es vom beratenden Anwalt geprüft und freigegeben werden. Diese Schritte konnten die Anwält:innen einfach über eine Bearbeitungsmaske im gewohnten Fallmanagement-Tool vornehmen. Nach der Freigabe wurde das Protokoll durch Klick auf einen Button per Mail an den Kunden versendet. Das Protokoll selbst war durch eine Passwort-Eingabe geschützt, damit unbefugte Personen, die eventuell Zugriff auf das Postfach des Kunden haben, keinen Zugriff aufs Protokoll bekamen.

Wir baten die teilnehmenden Anwält:innen, die automatisiert erstellten Protokolle nach der Prüfung jeweils mit einer Sternebewertung von 1 bis 5 Sternen zu bewerten und außerdem anzugeben, ob es inhaltlich vollständig war oder eventuell Punkte aus der Beratung vermissen ließ.


Die Ergebnisse begeisterten. 46 Prozent aller Protokolle wurden mit der vollen Punktzahl von 5 Sternen bewertet. Insgesamt erhielten knapp 80 Prozent der Protokolle eine Bewertung von 4 oder 5 Sternen. Lediglich 8 Prozent der Protokolle wurden mit 1 oder 2 Sternen bewertet. Als Begründung für eine schlechte Bewertung wurde zum Beispiel angegeben, dass Aussagen teilweise ungenau oder sogar falsch wiedergegeben wurden. Solche Formulierungen wurden von den teilnehmenden Anwält:innen entsprechend korrigiert, sodass der Kunde am Ende trotzdem ein korrektes Protokoll erthielt. Wir haben gelernt: KI ist sehr gut, aber nicht fehlerfrei. Für die DAHAG sind die Kritikpunkte der Anwält:innen wichtig, um beim Prompt nachjustieren zu können und dadurch das Endergebnis zu verbessern.

Auch was die Vollständigkeit anging, konnten die Protokolle im ersten Testfeld bereits überzeugen. 85 Prozent aller Protokolle waren nach Aussage der Anwält:innen vollständig und gaben den Inhalt und die wesentlichen Aussagen der Beratung korrekt wieder.

Bei den meisten Protokollen benötigten die Anwälte zwischen drei und fünf Minuten für Lesen, Prüfen, Überarbeiten und Freigeben. Weniger als 10 Prozent der Protokolle verursachten einen höheren Korrekturaufwand. Damit ist der Zeitaufwand zwar im Vergleich zur Dauer einer durchschnittlichen Telefonberatung (ca. 10-12 Minuten) durchaus nennenswert, liegt aber im kalkulierbaren Rahmen.

Diese Ergebnisse machten deutlich, dass die Protokollprüfung die knappe Ressource Anwalt etwas weniger stark beanspruchen würde als zu Beginn gedacht. Eine Prüfung direkt im Anschluss an die Telefonberatung – ohne dass der Anwalt längere Zeit für weitere Beratungen blockiert wäre – ist in der Praxis durchaus möglich.

„Toller Service, die gute Bewertung ist vollkommen ernst gemeint. Danke nochmal!“

Wie oben erwähnt, baten wir auch die Kunden, ihre Meinung zum Service „Telefonberatung mit Anwaltsprotokoll“ zu teilen. Die Weiterempfehlungsquote lag bei über 95 Prozent – und das für ein Produkt, das sich gerade in der allerersten Testphase befand! 75 Prozent gaben außerdem an, dass das Protokoll ihnen Sicherheit im weiteren Umgang mit ihrem Rechtsproblem gegeben hat und damit einen echten Mehrwert zusätzlich zur Telefonberatung dargestellt hat. Über 60 Prozent haben das Protokoll an andere Personen weitergeleitet – zum Beispiel den Lebenspartner oder einer Gegenseite.

Dies bestärkt uns in der Annahme, dass Rechtsschutz mit dem Anwaltsprotokoll massiv bei den Folgekosten sparen könnte, da die Ersterledigungsquote deutlich steigen dürfte. Darüber hinaus hebt das Anwaltsprotokoll die Telefonberatung auf ein ganz neues Qualitäts-Level, mit dem Rechtsschutz ihren Kunden einen innovativen und extrem nützlichen Rechtsservice anbieten können.

Erstes Testfeld mit RSV geplant

Nach diesem erfolgreichen Testfeld mit 0900-Endkunden bereiten wir derzeit ein erstes Testfeld mit einer RSV und rechtsschutzversicherten Kunden vor, das voraussichtlich noch im ersten Halbjahr 2025 starten wird. In diesem Rahmen soll das Produkt „Telefonberatung mit Anwaltsprotokoll“ mit dem digitalen Steuerungsbaum verknüpft werden. So kann es dem VN gezielt bei Rechtsproblemen vorgeschlagen werden, in denen das schriftliche Protokoll nach der Beratung einen zusätzlichen Mehrwert bietet.

Sie sind auch interessiert an einem Testfeld „Telefonberatung mit digitalem Anwaltsprotokoll“?

Melden Sie sich gern unter johannes.goth@dahag.de.

Kategorien: DAHAG Intern