Immer wenn sich das Jahr dem Ende neigt, ist man doch irgendwie versucht, zurückzuschauen. Und wie bei vielen anderen Unternehmen, so muss man bei Betrachtung der DAHAG wohl auch feststellen, dass die letzten beiden Jahre gewissermaßen zusammengenommen werden müssen. Denn die Vorstellung von ChatGPT im November 2022 stellte eine technische und gesellschaftliche Zäsur dar, die plötzlich ganz neue Chancen eröffnete: Während KI im Geschäftsalltag ungeahnte Potenziale zur Effizienzsteigerung mit sich brachte, eröffnete sie auf strategischer Ebene ganz neue Möglichkeiten und Chancen. Plötzlich konnten Ideen verwirklicht werden, die schon lange in der Schublade mit Label „Zukunftsträume“ vor sich hinschlummerten.
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Johannes Goth – Vorstand DAHAG Rechtsservices AG
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Die letzten beiden Jahre hat die DAHAG entsprechend an zahlreichen neuen Produkten gearbeitet, smarte Schnittstellen geschaffen, wo zuvor keine waren, eine Vielzahl an Testfeldern eingeleitet und ausgewertet sowie nicht zuletzt Bestandsprodukte auf ein neues Level gehoben. Mit Blick in die Zukunft freuen wir uns nun darauf, Ihnen eine noch breitere Produktpalette bieten zu können und damit 2026 – das Jahr des großen Rollouts – begrüßen zu dürfen.
Es begann mit einem Sprachassistenten
Wegbereitend für viele Neuerungen in der DAHAG war die Geburt unseres KI-Sprachassistenten JUSTUS. Dieser wurde zunächst eingesetzt, um automatisiert Versicherungsnummern aufzunehmen und so den DAHAG-Partnerkanzleien die Arbeit zu erleichtern.
Das funktionierte so gut, dass zahlreiche weitere Ausbaustufen und Einsatzbereiche für JUSTUS geplant wurden. So kann er etwa in Form von „JUSTUS IVR“ die gesamte telefonische Steuerung der VN in verschiedene Kanäle übernehmen. Während dies aktuell noch anhand von vordefinierter Logikstrukturen geschieht, wird JUSTUS schon bald zur Intent-Erkennung übergehen. Der VN muss dann am Telefon nur noch die Frage „Worum geht es?“ beantworten, JUSTUS analysiert das Gesagte und steuert automatisch in gewünschte Kanäle wie etwa zur Schadenstelle, in die Vertragsabteilung oder direkt zur telefonischen Rechtsberatung. Für den VN ist dies einfach und schnell – und für die RSV sind damit wichtige Erkenntnisse verbunden. JUSTUS lernt, wie der VN spricht, wie er seine Anliegen schildert und mit welchen Problemen er sich an die RSV wendet.
Anwaltliches Beratungsprotokoll: Die Telefonberatung der Zukunft
Man mag fast meinen, dass ein nicht-digitales Produkt wie die Telefonische Rechtsberatung nicht allzu sehr von KI-Neuerungen betroffen ist. Doch spannenderweise ergaben sich hier die (bislang) interessantesten Optimierungsansätze.
Die Telefonberatung war schon immer leicht zugänglich, einfach und lösungsorientiert. Nichtsdestotrotz ist sie keine eierlegende Wollmilchsau, die jedes Problem sofort löst oder gar im Keim erstickt. Immerhin ist der VN im Anschluss zunächst einmal auf sich selbst gestellt: Er hat zwar mündlich Rat und Informationen erhalten, doch ist das gesprochene Wort flüchtig.
Genau hier haben wir beim Protokoll angesetzt: Wünscht sich der VN eine schriftliche Zusammenfassung der Anwaltsberatung, zeichnet JUSTUS das Gespräch auf, transkribiert und anonymisiert es und verwandelt es im Anschluss in ein professionell gestaltetes und hilfreich strukturiertes Protokoll der Beratung. Da KI fehleranfällig ist (und es vermutlich auch immer bleiben wird), prüft ein Anwalt im Anschluss das Protokoll und versendet es in seinem Namen an den VN. Der VN erhält hier also nicht nur eine KI-Mitschrift, sondern ein anwaltlich geprüftes Protokoll samt Anwaltsbriefkopf, welches er bei Bedarf auch der Konfliktpartei vorlegen kann.
Was feststeht: Das anwaltliche Beratungsprotokoll hebt die Kundenzufriedenheit auf ein ganz neues Level. Ein positiver Nebeneffekt für Rechtsschutz besteht unterdessen darin, dass das Protokoll auch die finale Erledigungsquote noch einmal erhöhen dürfte. Wir gehen hier aktuell von einer Verbesserung um mindestens 10 Prozentpunkten aus.
Weil dies sehr abstrakt ist, haben wir für Sie den Beratungsprotokoll-Kalkulator gebaut: Stellen Sie Ihre eigenen Vermutungen an, drehen Sie an den verschiedenen Reglern und sehen Sie direkt, wie stark Sie Ihre Schadenkosten mit dem Protokoll idealerweise senken können.
Folgekosten reduzieren mit Follow-up-Service
Auch für den Follow-up-Service dient JUSTUS als Wegbereiter. Hier fragt der Sprachassistent den VN vor der Telefonberatung, ob er ihm in Anschluss eine SMS für weiterführende Hilfe schicken darf. Benötigt der VN tatsächlich weitere Unterstützung, kann er sich per Link in der SMS auf eine Landingpage durchklicken, wo er einen Rückruf vom Anwalt oder – bei größeren Problemen – vom DAHAG 2nd Level Team veranlassen kann. Hier wird er dann gegebenenfalls in außergerichtliche Folgeservices wie ZMB oder KLU gesteuert.
Ein besonderer Clou: Die Texte auf der Landingpage werden von einem LLM erstellt, welches die anonymisierten Beratungsinhalte verwendet. So wird der VN genau bei seinem Problem abgeholt. Hat sein Vermieter etwa Eigenbedarf angemeldet, lautet die Überschrift der Landingpage „Ihr Vermieter hat Eigenbedarf angemeldet? Hier erhalten Sie weitere Unterstützung!“

Der Service ist bereits erfolgreich im Live-Einsatz. Was dabei besonders positiv auffällt: Schlafende Hunde weckt die Dienstleistung nicht! VN steuern sich nur dann ins 2nd Level, wenn sie auch wirklich weiterführende Hilfe benötigen. Darüber hinaus wissen wir aus einem früheren Follow-up-Testfeld, bei dem langfristig die Folge-Schadenkosten von Fällen mit und Fällen ohne Follow-up-Service verglichen wurden, dass hier Einsparungen von rund 12 Prozent möglich sind.
Deckungsablöse
Bei der Deckungsablöse bietet die DAHAG dem Versicherungsnehmer im Auftrag der RSV eine Ablösesumme für Verzicht auf Leistungen in einem bestimmten Schadensfall. Die DAHAG übernimmt dabei den kompletten Dialog mit VN und dessen Anwalt.
Auch hier trägt KI enorm zur Effizienzsteigerung bei. So konnte die Fallbearbeitung durch den Einsatz verschiedener Automatisierungen und KI-Systeme deutlich beschleunigt werden. Etwa werden die mitgesendeten Bußgeldbescheide automatisiert ausgelesen und in die Dokumentationsmasken der DAHAG übertragen.
Upgrades für etablierte Services
Die Entwicklung neuer Produkte ist aufregend und macht Spaß, ja. Nichtsdestotrotz wollen auch Bestandsprodukte an neue Kundenerwartungen und Anforderungen angepasst werden. Ein Beispiel: In der Chat-Rechtsberatung muss der VN das passende Rechtsgebiet für seinen Fall seit einigen Monaten nicht länger selbst auswählen. Stattdessen wird es anhand der Erstanfrage per LLM vordefiniert, so dass der VN schneller und ohne eigenes Zutun mit dem passenden Anwalt verbunden wird.
Im Rahmen neuer On- und Offboardingtexte im Chat wird der VN darüber hinaus mehr an der Hand genommen. Außerdem hat er nun die Möglichkeit, sich im Anschluss an die Chatberatung bei weiterem Unterstützungsbedarf selbst in das DAHAG 2nd Level zu steuern, womit eine durchgängige digitale Steuerungskette von der Erstberatung bis hin zur Weitervermittlung in Folgeservices geboten werden kann.
KI: Wo geht’s noch hin?
Sie sehen: Wir konnten dank KI zahlreiche Ideen aus der „Zukunftsträume“-Schublade herauskramen und umsetzen. Dennoch ist das bei Weitem nicht alles. Auch Produkte und Projekte wie das anwaltliche Beratungsprotokoll, JUSTUS und der Follow-up-Service befinden sich oft noch in ihrem Anfangsstadium, denn die möglichen Ausbaustufen sind nahezu unbegrenzt.
Wie bereits beschrieben arbeiten wir etwa an JUSTUS „Intent“, einem noch intelligenterem Sprachassistenten. Unbegrenzte Entwicklungsoptionen bietet auch der Follow-up-Service: Auch wenn hier bereits mit LLM-generierten Texten gearbeitet wird, so ist die Landingpage doch noch immer statisch. Möglich wäre beispielsweise auch hier mit einem intelligenten Chatbot zu arbeiten, der das wahre Folgeproblem des Nutzers erkennen und diesem erklären kann, ob nun die ZMB oder doch die Mediation besser als Folgeservice für das individuelle Problem geeignet ist. Quasi die Königsdisziplin wird dann sein, neue Einstiegsservices wie das anwaltliche Beratungsprotokoll bruchfrei mit passenden Folgeservices zu verbinden.
Doch der wichtigste erste Schritt ist geschafft: Wir haben die neuen KI-Lösungen 2025 praxistauglich auf die Straße gebracht. 2026 erfolgt nun der Rollout in größere Stückzahlen und die kontinuierliche Optimierung und Weiterentwicklung.
Sie sehen, Ideen für neue Services und Optimierungsmaßnahmen für Bestandsdienstleistungen haben wir viele. Wichtig dabei ist uns aber auch immer die konstruktive Zusammenarbeit: Gerne sprechen wir mit Ihnen im direkten Austausch darüber, welche DAHAG-Services sich für Ihre Unternehmensstrategie und Ihre individuellen Ziele am besten eigenen und wie diese auf Ihre bestehende Infrastruktur angepasst werden können . Wenden Sie sich hierzu am besten an Tanja Engel (tanja.engel@dahag.de) oder an mich (johannes.goth@dahag.de).