Der Kampf um Neukunden – eine unendliche Geschichte. Vertriebler argumentieren, überzeugen, verkaufen. Das ist harte Arbeit. Werbung fängt Blicke, emotionalisiert, reizt zum Kauf. Das kostet Geld. Nein, Ihnen wird nicht versprochen ohne Einsatz von Arbeit und Geld – quasi geschenkt – Neukunden gewinnen zu können. Das Beispiel der Smartphone-Bank N26 zeigt jedoch, welchen Impact eine gute User Experience auf das Customer Onboarding haben kann. Die wirklich spannende Frage, die sich daraus ergibt, lautet: Kann der Rechtsschutz das nicht auch?
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Lars Roedel – UX Professional
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2013 wurde das jetzige FinTech-Unicorn N26 – damals noch als Number26 – gegründet. Nicht als Bank, sondern als Idee, eine elterngesteuerte Prepaid-Kreditkarte für Teenager samt App auf den Markt zu bringen. Jedoch schlug die Geschäftsidee fehl, denn das Produkt wurde überhaupt nicht angenommen, jedenfalls nicht so, wie es sich die Gründer vorgestellt hatten. Was war passiert? Die Gründer wollten eine freie Nische im Markt besetzen, setzten sich vorher jedoch überhaupt nicht mit den Bedürfnissen der Nutzer auseinander, da sie keine User Research betrieben haben. Im Feldtest erhielten sie dann Unmengen an Feedback, warum sich ihre App nur an Teenager richte, die Erwachsenen wollten sie nämlich lieber selbst nutzen.
Mit Userfeedback zur neuen Geschäftsidee
Das Geschäftskonzept wurde also umgekrempelt. Ein Bankkonto, das über eine App steuerbar ist, sollte her. Dafür bemühten die Gründer sich um eine Banklizenz, die ihnen im Jahr 2016 durch die BaFin erteilt wurde. Das ausgegebene Ziel war klar: Eine Bank, die Kunden gerne nutzen. Ein Filialnetz? Nicht benötigt, alles soll über die App funktionieren. Geld abheben funktioniert wie beim ursprünglichen Geschäftsmodell per (Debit-)Kreditkarte von MasterCard. Der Start war durchaus holprig: Es gab Sicherheitslücken im System und die IT machte Probleme. So konnten beispielsweise lange keine Überweisungen durchgeführt werden. Trotz Shitstorm schaffte es N26 nicht nur, die Probleme zu beheben und Lücken zu schließen. Der Fokus bei der Weiterentwicklung der App lag weiterhin auf einer guten User Experience, vor allem auf guter Usability im Bereich des Customer Onboarding. Das sollte sich auszahlen.
Rasantes Wachstum mit niedrigen Akquisekosten
Zwischen 2017 und 2018 verdoppelte N26 seine Kundenzahl innerhalb von neun Monaten. Im gleichen Zeitraum wurden auch die Provisionserlöse um satte 2.000 Prozent gesteigert. Zur Jahresmitte 2018 sprach die Bank von täglich 2.500 neuen Nutzern – heute ist diese Zahl auf 10.000 Kontoeröffnungen pro Tag angestiegen.
2017 betrug die Nutzerzahl noch 450.000 – das mag vor allem zum damaligen Zeitpunkt den etablierten Banken und klassischen Geldhäusern noch als keine Konkurrenz erschienen sein. Bei den dort jedoch stetig steigenden Kontoführungsgebühren und dem demografisch bedingten Zuwachs an Digital Natives waren sie zumindest vorgewarnt. Der Trend hielt und hält noch an. 2019 verzeichnet N26 nun 2,3 Millionen Kunden.
2017 gab N26 ein Marketingbudget von knapp 8 Millionen Euro aus. Das macht bei rund 400.000 Neukunden eine pro-Kopf-Quote von gerade einmal 20 Euro. Vergleicht man diverse Angebote anderer Banken fällt auf: Selbst ohne Marketingkosten liegen diese bereits mit ihren Kontoeröffnungsprämien von 50 oder oft auch 100 Euro bereits weit darüber.
Warum die gute UX der Schlüssel zum Erfolg war
Man könnte nun vermuten, dass N26 etwas Neues bietet, ein App-Feature, das kein anderer hat. Vielleicht Überweisungen mit seinen Gedanken steuern? Nein, eigentlich das genaue Gegenteil ist der Fall: Die N26-App kann nicht mehr oder weniger, was die Banking-Apps anderer Banken auch können.
Was N26 aber vollständig verstanden hat, ist was seine Nutzer wollen: Ein Konto, beziehungsweise eine Banking-App, die schnell, einfach und unkompliziert zu nutzen ist und dabei auch noch Spaß macht. Das zeigt sich am ausgeprägtesten bei der Neukundenakquise, genauer im Onboarding-Prozess der Kontoeröffnung. Kein Gang zur Bank, kein Warten, kein langes Online-Formular am PC, nach welchem noch die PostIdent-Unterlagen ausgedruckt und zur nächsten Postfiliale gebracht werden müssen. Acht Minuten – laut N26 – dauert die Kontoeröffnung: Smartphone nehmen, App herunterladen, Formular ausfüllen, kurzer Videochat zur Identifikation und Autorisierung. Nach wenigen Minuten ist das Konto eröffnet und drei Tage später kommt schon die MasterCard im modernen, transparenten Design per Post nach Hause.
Und was machen Nutzer, die in kurzen acht Minuten ein Konto eröffnen und es danach per App intuitiv verwenden können? Sie erzählen es weiter. Die Macht der Mundpropaganda aufgrund der guten User Experience ist ein regelrechter Boost für N26. An diesem Beispiel wird deutlich, dass sich die User Experience nicht nur auf die direkte Nutzung der App bezieht – sie umfasst auch das davor und danach.

N26 verspricht: Kontoeröffnung in nur 8 Minuten via VideoIdent
UX und der Rechtsschutz: Das kann auch funktionieren!
N26 hat es geschafft, mit seinen Anzeigen, der Kontoeröffnung und der App dem Kunden eine Erfahrung und ein Gefühl zu vermitteln, alles ohne Anleitung, fremde Hilfe und vor allem ohne Bedenken in kurzer Zeit ohne Aufwand erledigen zu können. Und genau das ist es, was gute User Experience ausmacht. Wie hat N26 das erreicht? Die Bank hat aus ihrem Fehler gelernt, einfach ein Produkt auf den Markt geworfen zu haben, ohne sich über Kundenbedürfnisse im Klaren gewesen zu sein. Heute weiß sie genau, was ihre User wünschen – und zwar durch User Research, ausgeprägtes Testing und Tracking. Und genau darum geht es bei der Entwicklung einer guten User Experience: Den Nutzer kennen und verstehen. Und ja, das kann auch der Rechtsschutz. Nämlich dann, wenn die Versicherung die Bedürfnisse ihrer Kunden kennt und sie mit der richtigen Ansprache und intuitiven Produkten wie Online-Assistenten, Chat-Rechtsberatung und/oder einer Rechtsschutz-App adressiert.
Quellen und Weiterführendes:
- N26-Vorstandschef Stalf im Gespräch mit Deutschlandfunk
- Interview mit Christian Hertlein, Head of Design bei N26
- News zum offiziellen N26-Geschäftsbericht
- Case Study: Potentielle Conversion-Optimierung bei N26
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Die Smartphone-Bank N26 gewinnt 10.000 Neukunden täglich: Wollen Sie das nicht auch?